Kunst im Bunker

Kunst: Bunker in Berlin
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© NOSHE

In der Sammlung Boros in Berlin sind zeitgenössische Schätze auf 3000 Quadratmetern ausgestellt. Dabei sind internationale Werke von 1990 bis heute zu sehen. 700 Werke umfasst die gesamte Sammlung, von insgesamt 22 Künstlern. Viele von ihnen haben ihre Arbeiten in den Räumen persönlich errichtet.

 

1942 vom Architekten Karl Bonatz entworfen, diente der Bau als Luftschutzbunker mit Platz für 2500 Menschen, ab 1957 lagerten Trocken-und Südfrüchte aus Kuba. 1992 wurde daraus ein Club und zu Technoklängen getanzt. Nach der Schliessung 2003 erwarb der deutsche Medienunternehmer und Kunstsammler Christian Boros den Reichsbahnbunker an der Friedrichstrasse und baute ihn mit seiner Frau um, wobei ganze Stahlbeton-Wände herausgerissen wurden. Spannend ist die Architektur des Bunkers: Auf dem Boden erkennt man noch deutlich, wo sich einst Toiletten befanden. Das Ehepaar Boros hat es sich auf dem Dach gemütlich gemacht – in einem errichteten Penthouse aus Glas.

 

                      Inklusive Geruch und Abrieb. (©NOSHE)

 

Auf fünf Etagen und in 80 Räumen kann man Künstler wie Ai Wei Wei, Wolfgang Tillmans, Michael Sailstorfer, Danh Vo, Thomas Zipp oder Awst + Walter bestaunen: Fotografien, Skulpturen, Malereien, Zeichnungen, Videos und Installationen prallen aufeinander.

 

Persönlich haben mir die Fotos von Wolfgang Tillmans am besten gefallen. Seine Werke sind so überzeugend, dass der deutsche Künstler im Jahre 2000 als erster Fotograf und Nichtengländer mit dem prestigeträchtigen Turner Prize (britischer Kunstpreis) ausgezeichnet wurde. Da hängt zum Beispiel ein Riesenfoto des jungen Jarvis Cocker (Sänger der Band Pulp) – ohne Brille, aber dafür in einem mintgrünen Hemd, weit aufgeknöpft, mit Blick auf seine schwache Brustbehaarung.

 

                          Ein Baum von Ai Wei Wei. (©NOSHE)

 

Ai Wei Weis Installation «Tree» entstand 2009. Abgestorbene, alte Baumstämme und Äste aus dem Bergen Südchinas wurden auf dem Markt von Jingdezhen in der Provinz Jiangzi verkauft. Ai liess sich das Holz in sein Pekinger Studio liefern und zimmerte daraus sechs Meter hohe Bäume. Er stellt sich vor, wie sie einmal hätten aussehen können. Zusammengehalten werden sie mit dicken Industrieschrauben. Von weitem wirken die Bäume täuschend echt, doch beim näheren Hingucken fällt die Konstruktion auf. Erst vor kurzem wurden acht dieser Bäume mit Hilfe von Crowdfunding im Innenhof der Londoner Royal Academy of Arts ausgestellt. Ai ist Menschenrechtler und der bekannteste Künstler Chinas: Regimekritisch, aufrüttelnd und inspirierend.

 

Der bayrische Installations- und Objektkünstler Michael Sailstorfer lässt einen über Kopf hängenden Baum mit Hilfe einer Mechanik um die eigene Achse drehen. Auf dem Boden entsteht eine Laubformation, ein abstrakter Tanz. In einem anderen Raum spuckt eine Maschine frisches Popcorn aus, die ungegessenen aufgeplatzten Körner türmen sich – und das seit 3 Jahren. Ein Autoreifen schleift derweil an der Bunkerwand. Geruch und Abrieb inklusive.

 

Die Installation von Danh-Vo. (©NOSHE)

 

Ein weiterer Künstler ist der Vietnamese Danh-Vo, der in Dänemark aufgewachsen ist. Er hat einen Teil der Freiheitsstatue im Maßstab 1:1 aus Kupfer in China nachbauen lassen. Sie behandelt die Thematik der Fragilität der USA. Ausserdem: Beklebte Pappkartons mit Blattgold und dem Motiv der amerikanischen Flagge.

 

Führungen von Donnerstag bis Sonntag sind auf deutsch oder englisch und dauern mit Voranmeldung 1.5 Stunden. Leider sehr kurz, denn ich wäre gerne länger geblieben, um in Ruhe zu schauen. Alle vier Jahre gibt es einen Wechsel der Ausstellung, im September ist es wieder soweit. 12 Euro beträgt der Eintritt bzw. 6 Euro bei Ermässigung. 

 

Interessant für Kunstliebhaber und Architekturbegeisterte ist der Bunker auf alle Fälle. 

 

Elisabeth Sun / Sa, 27. Feb 2016